Die Auslese in der Presse: Aus Anlass der Gründung des neuen Jahrgangs
berichtete die Gießener Allgemeine Zeitung von einem Besuch beim Stammtisch
der Auslesefrauen.

Rat: Hingehen und eine eigene Meinung bilden
Vor den Neugründungen der Fünfziger-Jahrgänge 1958: Auch bei den aktiven
56erinnen waren vorher einige skeptisch

Gießen (ta). Für rund 900 Gießener/innen stellt sich in diesen
Novemberwochen die Gretchenfrage: Wie hältst du es mit den Fünfzigern?
Denn seit einigen Tagen haben sie die schriftliche Einladung zur
Neugründung der Damen- und Herren-Jahrgangsvereinigungen 1958/2008
(siehe Kasten oben) in der Hand. Für manche Empfänger ist es
selbstverständlich, dass sie nächste Woche hingehen werden. Viele andere
hingegen finden schon den Gedanken an eine Mitgliedschaft abwegig. Und
die Dritten zögern noch, aus unterschiedlichen Gründen: Weil ihnen der
Sinn der Fünfziger-Vereinigungen nicht einleuchtet, weil sie andere
Freizeitaktivitäten vorziehen oder weil sie sich sorgen, dass
feuchtfröhliche Geselligkeit im Vordergrund steht.

Genau in diesem
Dilemma befanden sich vor zwei Jahren auch einige Frauen vom Jahrgang
1956/ 2006, die inzwischen aber längst überzeugte und aktive
Fünfzigerinnen sind. Ihr Rat an die Skeptiker/innen lautet deshalb:
Hingehen, sich eine eigene Meinung bilden und nach den ersten
Aktivitäten entscheiden, ob eingetreten wird oder nicht. Die 56erinnen
selbst haben diesen Prozess erlebt: Zur Gründungsversammlung waren fast
90 Frauen gekommen, inzwischen ist die Mitgliederzahl auf gut 70
geschrumpft.

»Ich habe lange mit mir gerungen, weil ich die Klischees vor Augen
hatte: Da gibt es nur Hausfrauengespräche und Seniorenaktivitäten. Aber
eine Klassenkameradin hat mich überredet, zur Gründungsversammlung
mitzukommen«, erinnert sich Sylvia Krüger an den November 2005. Die
gebürtige Gießenerin traf dann mehrere ehemalige Klassenkameradinnen und
andere Bekannte, war aber nach ihren Angaben bei den ersten Treffen noch
reserviert. Dann jedoch habe sich ein Gemeinschaftsgefühl eingestellt –
und inzwischen hält sie die Fünziger für »eine geniale Erfindung«.

Eva Bender-Gilchrist kannte als Gießenerin zwar die Fünfziger, doch
wurden die in ihrem Bekanntenkreis eher als »Steckevereine« belächelt.
Aber als dann die Einladung kam, »packte mich die Neugier: Ich wollte
mir selbst die Frage beantworten, ob eine Mitgliedschaft Sinn macht oder
nicht«. Die Antwort gab es gleich bei der Gründung mit ihrer Wahl in den
Vergnügungsausschuss. Dabei hat die Lehrerin am Abendgymnasium ein
berufsbedingtes Handicap: An den monatlichen Stammtischen der 56erinnen
kann sie im Normalfall nicht teilnehmen. Aber bei Ausflügen, Wanderungen
und Kurzreisen ist sie gern dabei.

»Eine Freundin und ich hatten schon Jahre zuvor beschlossen: Wir gehen
einfach mal hin. Man muss sich das doch ansehen und darf sich nicht von
Vorurteilen leiten lassen«, beschreibt Ulrike Schäfer ihre
Eintrittsphase. Ihr spontanes Urteil: »Eine tolle Sache«. Inzwischen ist
sie als 2. Vorsitzende im Vorstand aktiv, »obwohl ich sonst nie ein
Pöstchen wollte«.

Auch Vorsitzende Angelika Mosch war nicht gleich überzeugt. »Ansehen
kann man es sich ja einmal« lautete ihre Devise vor zwei Jahren. Aber
dann traf sie so viele ehemalige Schulkameradinnen, die sie zum Teil
lange nicht mehr gesehen hatte, dass sie gleich zur Chefin ernannt wurde.

Anders war es bei Felicitas Ulrich, die erst seit 2000 in Gießen lebt
und über eine Arbeitskollegin von den Fünfzigerinnen erfahren hatte. Sie
wollte auch gern eintreten, schon um neue Kontakte zu knüpfen, aber ihr
Ehemann war strikt dagegen. Durch die Trennung hat sich das erledigt:
Die Verkäuferin ist seit einigen Monaten gern und regelmäßig dabei.

Ehemann drin, Vater, Bruder, Schwiegermutter und Schwägerin – für
Waltraud Rogel war es es selbstverständlich, dass sie sogleich eintrat.
Auch Gabriele Sauer war durch ihre Verwandtschaft schon informiert und
motiviert. Obwohl sie als Heuchelheimerin keine Einladung erhalten
hatte, ging sie zum Gründungstreffen – und kam als Kassiererin heim.

Das häufig zu hörende Argument, man sei zwar eigentlich interessiert,
aber durch Beruf, Familie und andere Freizeitaktivitäten schon
ausgelastet, kennen auch die Fünfzigerinnen vom Jahrgang 1956. Sie
halten es aber – so betonten die Gesprächspartnerinnen beim
Stammtisch-Besuch der AZ – nicht für klug, erst einzutreten, wenn die
Berufstätigkeit beendet ist und/oder die Kinder aus dem Haus sind: Wer
so spät dazustößt, habe viel verpasst und finde nur dann den Anschluss,
wenn er/sie besonders kontaktfreudig ist, warnen sie. Ihr Rat deshalb:
Anmelden – und wenn die Zeit zu mehr nicht reicht, zumindest
gelegentlich bei den Stammtischen sehen lassen.

  www.56er-Auslese06.de